Prof. Dr. Michael Boppré
Interview im Laborjournal (2009): Darwins vernachlässigtes Erbe
Interview in BioPro (2008): Michael Boppré - ein neugierorientierter Chemoökologe
aus: Freiburger Universitätsblätter, Heft 118, Jahrg. 1992, S. 22
Zum WS 1991/92 hat Michael Boppré von Prof. Dr. Jean Pierre Vité den Lehrstuhl für Forstzoologie an der Forstwissenschaftlichen Fakultät übernommen.
Michael Boppré (* 1950) studierte Biologie an der Philipps-Universität in Marburg/Lahn. Diplomarbeit und Dissertation behandelten die Pheromonbiologie von Monarchfaltern und wurden bei Prof. Dr. Dietrich Schneider am Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie, Seewiesen/Obb., angefertigt. Nach der 1979 an der Ludwig-Maximilians-Universität, München, erfolgten Promotion zum Dr. rer. nat. führte Boppré seine Studien als Stipendiat der Max-Planck-Gesellschaft in Seewiesen fort, bis er 1981 wissenschaftlicher Angestellter und Projektleiter im Rahmen des SFB 4 der Deutschen Forschungsgemeinschaft ("Sinnesleistungen: Anpassungen von Strukturen und Mechanismen") an der Universität Regensburg wurde. 1985 habilitierte sich Boppré an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Regensburg und bekam die Lehrbefugnis für Zoologie. Nach wenigen Monaten als Heisenberg-Stipendiat erhielt er den Ruf auf die Professur für Biotechnischen Waldschutz am Forstzoologischen Institut der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und wurde 1987 zum Universitätsprofessor ernannt. 1990 folgte der Ruf zum Universitätsprofessor für das Fach Zoologie am Institut für Angewandte Zoologie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität, Bonn.
Boppré ist Mitglied zahlreicher Fachgesellschaften und seit 1980 Fellow der Royal Entomological Society, London. Seit 1990 hält er ein Honorary Appointment als Visiting Research Fellow am The Natural History Museum, London.
Bopprés Forschung liefert Beiträge zur evolutionsbiologisch ausgerichteteten Chemischen Ökologie, worunter er den Wissenschaftszweig versteht, der all diejenigen Beziehungen zwischen Organismen untersucht, welche durch Naturstoffe vermittelt werden und Interaktionen auf allen Ebenen von Individuen und Populationen bis zu Ökosystemen betrifft. Chemische Ökologie integriert Ökologie und Chemie und hat letztlich das Ziel, im evolutionsbiologischen Rahmen die Bedeutung von Naturstoffen aufzuklären; sie versucht, durch vergleichende Studien den Einsatz von Naturstoffen in organismischen Beziehungen im Kontext ökologischer Bedingungen zu beschreiben und damit Anpassungswerte und Selektionsvorteile zu verstehen. Um diese neue und rapide wachsende Disziplin übergreifend und in all ihren Facetten zu fördern, gründete Boppré 1990 die Fachzeitschrift "Chemoecology an international journal emphasizing evolutionary approaches to chemical ecology", die er als Editor-in-Chief im Auftrag des Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York betreut.
Die wissenschaftlichen Interessen von Boppré entwickelten sich aus seiner Begeisterung nicht nur für ökologische und physiologische Entomologie, sondern vor allem auch für die Verhaltensökologie und Evolutionsbiologie. Mit seinen Studien zur Biologie von männlichen Kommunikationsstoffen (Pheromonen) bei Tag- und Nachtfaltern klärte er Verflechtungen zwischen Balzerfolg und Schutz vor Freßfeinden in Abhängigkeit von der Nutzung pflanzlicher Sekundärstoffe auf und erhielt in Anerkennung seiner diesbezüglichen Arbeiten 1986 den Akademie-Preis für Biologie der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen.
Boppré versteht sich als Grundlagenforscher, der Fragestellungen aus den verschiedenen Fachrichtungen berücksichtigt und unterschiedlichste Methoden einsetzt, um komplexe (chemo)ökologische Beziehungen aufzuklären. Dabei verbindet er stets Laboruntersuchungen mit Freilandstudien; seit 1979 führen ihn Forschungsreisen immer wieder in die Tropen, insbesondere nach Ost- und Westafrika, Indonesien und Costa Rica.
Der derzeitige Schwerpunkt der Forschung seiner Arbeitsgruppe liegt in der vergleichenden Bearbeitung der Beziehungen zwischen verschiedenen Insekten und Pyrrolizidin-Alkaloide enthaltenden Pflanzen unter chemischen, ökologischen, physiologischen, ethologischen, morphologischen, phylogenetischen und taxonomischen Aspekten. Auf den erarbeiteten Grundlagenkenntnissen basierende angewandte Projekte (z.B. zum Pest-Management schädlicher Heuschrecken und eines tropischen Unkrautes) gewinnen zunehmend an Bedeutung.
In seiner neuen Position
möchte Boppré weiterhin chemoökologische Grundlagenforschung in nationalen und
internationalen Kooperationen betreiben und fördern, aber auch dazu beitragen,
neue Anwendungsmöglichkeiten von Semiochemikalinen (Ökomonen) im Rahmen des
integrierten Pflanzenschutzes anzubieten. In der Lehre sollen auf
anwendungsorientierter Ebene Grundlagen der Zoologie vermittelt werden, die zum
tieferen Verständnis von (auch tropischen) Wald-Ökosystemen und zu deren
ökologisch vertretbaren Nutzung beitragen. Die traditionelle forstzoologische
Fachrichtung "Waldschutz" wird dabei im weitesten Sinne verstanden.
Boppré strebt die Kooperation mit der Fakultät für Biologie an und setzt sich
nicht nur für Forschungskooperationen, sondern auch für gemeinsame
Lehrveranstaltungen mit Nachbarinstitutionen sowie für die Reform des
forstwissenschaftlichen Studienplanes in Anbetracht des sich wandelnden
Verständnisses der Bedeutung von Wäldern ein.